Es gibt eine Vielzahl von Methoden, wie wir alte Glaubensätze verändern und neue Glaubenssätze etablieren können. Auf der Ebene des Gehirns gibt es jedoch nur zwei grundlegende Möglichkeiten, unsere Denkmuster zu verändern. Alle Methoden, Therapien und selbst spirituelle Praktiken beruhen in irgendeiner Form auf diesen zwei Wegen der Veränderung.
Was negative Glaubenssätze bewirken
Vieles von dem, was wir in der Kindheit lernen, ist wichtig und hilfreich. Ein Teil dessen aber, was wir gelernt haben, belastet und schränkt uns im Erwachsenenleben ein. Diese negativen, selbst -einschränkenden oder selbst-abwertenden Gedanken werden auch als negative oder limitierende Glaubenssätze bezeichnet. Wenn ein Kind beispielsweise glaubt, „ich bin nicht liebenswert“, weil ein Elternteil die Familie verlässt, kann dies sein ganzes Erwachsenenleben belasten. Aber nicht nur persönliche Erlebnisse, auch die Normen und Wertvorstellungen der Gesellschaft können uns nachhaltig prägen. In unseren Köpfen existieren sie oft länger, als in der Gesellschaft selbst. So steht z.B. im Grundgesetz von 1949: „Männern und Frauen sind gleichberechtigt“. Eine echte Gleichstellung ist aber – auch in den Köpfen der Frauen – noch immer nicht erreicht.
Wie Glaubenssätze verändert werden
Wenn wir etwas erleben, werden all unsere Sinneseindrücke, Gedanken und Emotionen, die im Zusammenhang mit dieser Situation auftreten, im Gehirn miteinander verbunden. Je öfter eine Erfahrung wiederholt wird oder je intensiver eine Erfahrung ist, desto mehr Gehirnzellen werden miteinander verknüpft, desto stärker ist also die Verankerung im Gehirn. Um einen Gedanken, eine Bewertung, einen Glaubenssatz verändern zu können, müssen diese bestehende Verknüpfungen zwischen Gehirnzellen gelöst und/oder neue geschaffen werden.
Verlernen durch Nichtgebrauch
Wird ein Erinnerungspfad nicht mehr begangen, also eine Erfahrung oder ein Gedankengang auf Dauer nicht mehr wiederholt, werden die Verbindungen zwischen den Gehirnzellen wieder abgebaut. Das ist aus biologischer Sicht sinnvoll, denn wenn eine Erfahrung oder Situation nicht mehr auftritt, ist sie für den Organismus nicht mehr relevant. In der Konsequenz sollten also negative Glaubenssätze nicht wiederholt bzw. nicht mehr aktiviert werden. In der Therapie werden dazu häufig negative Sprach-, Verhaltens- und Gedankenmuster bewusst gemacht, die es dann in Zukunft zu vermeiden gilt. Viele Meditationstechniken und Achtsamkeitsübungen bringen den Ausübenden in einen entspannten Zustand, indem die Aufmerksamkeit z.B. auf den Atem, bestimmte Handlungen oder die Stimme gelenkt wird. Dadurch werden die sich wiederholenden Gedankenprogramme unterbrochen und im besten Fall abgestellt. Mit der Zeit vergessen und verlernen wir also bei Nichtgebrauch beziehungsweise Nichtaktivierung unsere alten Denkmuster.
Neue Erfahrung, neue Bewertung
Wie aber können wir neue Glaubenssätze etablieren? Das geschieht grundsätzlich, indem wir eine neue Erfahrung machen. Die zweite Möglichkeit, Denkmuster zu verändern, ist also das alte Muster „zu überschreiben“. Die frühere Erfahrung ist dann zwar weiterhin gespeichert, wird aber anders bewertet. Sie ist nun mit anderen Gedanken und Emotionen verbunden. Aus „ich kann das nicht“ wird „ich kann das“.
Neues Verhalten ausprobieren
Von allein schlägt uns unser Gehirn allerdings kein neues Verhalten vor. Therapeuten und Coaches geben daher gerne Hausaufgaben, die den Klienten dazu bringen, ein neues Verhalten auszuprobieren und neue, positive Erfahrungen zu sammeln. Der alte Glaubenssatz wird abgelöst, die alten Daten überschrieben. Dieser Mechanismus wird auch in der Verhaltenstherapie genutzt.
Neues Verhalten visualisieren
Für unser Gehirn ist es irrelevant, ob etwas in unserer Vorstellung oder in der Realität passiert. Negative Gedanken führen zu negativen Emotionen, positive Gedanken zu positiven Emotionen. In der Therapie und im Coaching wird dieses Prinzip zum Beispiel genutzt, um ein Erlebnis zu visualisieren, das mit positiven Emotionen und Gedanken verbunden ist. Dabei werden möglichst viele Sinneswahrnehmungen aufgerufen, um ein möglichst großes neuronales Netz im Gehirn zu bilden. Dieser Mechanismus wird z.B. bei NLP und EMDR genutzt. Auch die Wirkung von systemischen Aufstellungen beruht zum Teil darauf: Der Klient sieht, fühlt und hört neue Informationen im Bezug zu seinem Thema.
Grenzen positiver Überschreibung
Bei sehr tiefsitzenden, stark verankerten Gedankenmustern ist das „Überschreiben“ einer alten Erfahrung oft schwierig. Dort gibt es häufig eine solche Vielzahl von unbewussten Glaubensätzen und starken Emotionen, dass in der aktuell so belastenden Situation kein neues Denkmuster etabliert werden kann. Hier kommen in der Regel sogenannte aufdeckende Verfahren zum Einsatz, die die ursprüngliche Situation, in der der Glaubenssatz entstanden ist, ausfindig machen. Die Umbewertung wird also an der ursprünglichen und nicht der aktuellen Situation vorgenommen. Dadurch wird eine äußerst tiefgehende, umfassende und nachhaltige Transformation ermöglicht. In meiner Arbeit gehe ich diesen Weg mit Hilfe von EMDR im Neurosystemischen Coaching und in der Systemischen Gesprächs- und Traumatherapie.
Was wir daraus lernen können: 5 Tipps
- Mach dir bewusst: Was du erlernt hast, kannst du auch wieder verlernen!
- Überprüfe eigene Werte und Überzeugungen: Ist das wirklich so?
- Sei offen für neue Erfahrungen – nur so kann sich etwas verändern.
- Du glaubst, du kannst das nicht? Mach es trotzdem: Fake it, till you make it!
- Negative Gedankengänge stoppen, positive Gedanken pflegen.